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Wann kann die ungarische USt-IdNr. nicht verwendet werden?

Deutsche Firmen und ihre ungarische Umsatzsteuernummer

Wann kann die ungarische USt-IdNr. nicht verwendet werden?

 

Fehlerhaft in Rechnung gestellte ungarische MWSt kann die Verweigerung des Mehrwertsteuer-Abzugs durch das Finanzamt sowie Bussen zur Folge haben. Deshalb ist es für ausländische Unternehmen ratsam, im Falle von Dienstleistungen mit ungarischen Geschäftspartnern nicht automatisch die ungarische MWSt ID zu verwenden, sondern vorerst die richtige mehrwertsteuerliche Abwicklung des Geschäfts zu bestimmen.

International tätige Unternehmen in Deutschland verfügen oft auch über eine ungarische Mehrwertsteuer-ID Nummer (ungarische USt-IdNr.), welche in den meisten Fällen für innergemeinschaftliche Warenlieferungen verwendet wird. Bei innergemeinschaftlichen  Rechtsgeschäften besteht weitgehend die Möglichkeit zur Verwendung einer MWSt ID Nummer aus einer anderen EU-Mitgliedstaat, so auch aus Ungarn. Bei der Erbringung oder  Inanspruchnahme von Dienstleistungen, im Gegensatz zu den innergemeinschaftlichen Warenlieferungen,  kann die ungerechtfertigte Verwendung der ungarischen MWSt ID Nummer hingegen zu einer unrichtigen MWSt-Abrechnung führen.

Grenzüberschreitende Dienstleistungen

Die Erbringung von Dienstleistungen zwischen z.B. einem deutschen und einem ungarischen Unternehmen wird aus Sicht der MWSt generell als grenzüberschreitende Dienstleistung behandelt, auch dann, wenn das deutsche Unternehmen über eine ungarische MWSt-Nummer verfügt.

Ob das deutsche Unternehmen seine deutsche oder seine ungarische MWSt-ID verwenden sollte, hängt von den Umständen der Dienstleistungserbringung ab, wobei mehrere Kriterien geprüft werden sollten. Vor allem ist zu bestimmen, ob das Unternehmen über eine feste Niederlassung in Ungarn verfügt, ob das Geschäft zwischen Unternehmern abgewickelt wird, oder ob Nicht-Unternehmer betroffen sind und wo die Leistung umsatzsteuerlich „steuerbar“  ist (sog. Leistungsort). Unter dem Begriff einer festen Niederlassung wird grundsätzlich eine von Mitarbeitern bediente, als dauerhaft erachtete Infrastruktur des Unternehmens verstanden.

Dienstleistungen zwischen Unternehmen (B2B)

Erbringt ein deutsches Unternehmen eine Dienstleistung in Ungarn, die nicht im Zusammenhang mit dessen fester Niederlassung in Ungarn steht, so gilt unmittelbar die deutsche Firma als Leistungserbringerin.

Die nächste, zu prüfende Frage ist, ob das Geschäft mit einem MWSt-pflichtigen Unternehmen oder einer Privatperson abgewickelt wird. Da die meisten grenzüberschreitenden Dienstleistungen im geschäftlichen Bereich erbracht werden, und bei Dienstleistungen an Privatpersonen abweichende Regeln gelten, betreffen unsere folgenden Ausführungen den B2B Bereich.

Liegt der Leistungsort in Ungarn oder im Ausland?

Nachdem festgestellt wurde, dass die Dienstleistung im B2B Bereich und ohne die Beteiligung einer festen Niederlassung stattfindet, ist nun zu prüfen, wo der Leistungsort liegt. Bei der Bestimmung des Leistungsortes ist grundsätzlich der Sitz des Leistungsempfängers maßgeblich, d.h. eine von einer deutschen Firma an einen ungarischen Kunden erbrachte Dienstleistung  unterliegt in der Regel der MWSt-Pflicht in Ungarn. Von dieser Grundregel des Leistungsortes gibt es  einige Ausnahmen, beispielsweise bei Immobilien oder Personenbeförderungen.

Liegt der Leistungsort in Ungarn, so findet wird die MWSt-Abrechnung in grundsätzlich im reverse-charge Verfahren durch den ungarischen Leistungsnehmer statt. Als Beispiel kann die Vermietung eines Gerätes oder eine Reparaturleistung durch ein deutsches Unternehmen an eine ungarische Firma erwähnt werden. In beiden Fällen gilt die ungarische Firma als Steuerschuldnerin für die ungarische MWSt im reverse-charge-Verfahren.

Reverse-charge-Verfahren

Obwohl es für das deutsche Unternehmen im oben erwähnten Beispiel theoretisch möglich wäre, seine Rechnung unter Verwendung seiner ungarischer MWSt ID mit ungarischer MWSt auszustellen, ist dies gesetzlich nicht zulässig. Stattdessen erfolgt die Besteuerung mit Leistungsort Ungarn im reverse-charge-Verfahren durch den ungarischen Leistungsnehmer (Art. 140 MWSt. Gesetz).  

Beim Leistungsort Ungarn gibt es bei der Erbringung von Dienstleistungen einige Sachverhalts-Konstellationen, bei denen das reverse-charge-Verfahren nicht anwendbar ist. In solchen Fällen stellt ein deutsches Unternehmen als Leistungserbringer seine Rechnung unter der ungarischen Steuernummer mit ungarischer MWSt aus. Dieses Vorgehen gilt z.B. für den Fall, wenn ein im Bereich Gebäudesicherheit tätiges deutsches Unternehmen Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer in Ungarn befindlichen Immobilie eines holländischen Konzerns erbringt.

Inanspruchnahme von Dienstleistungen

Nimmt ein deutsches Unternehmen Dienstleistungen in Ungarn Anspruch, so unterliegen diese Leistungen aufgrund des Empfängerortprinzips in der Regel der deutschen Umsatzsteuer im reverse-charge-Verfahren. In solchen Fällen kann die Vorlage der ungarischen MWSt.-ID des deutschen Unternehmens dazu führen, dass der ungarische Erbringer der Dienstleistung fälschlicherweise vom Leistungsort Ungarn ausgeht und seine Rechnung mit ungarischer MWSt ausstellt.

Steuerliche Konsequenzen

Die ungerechtfertigte Verwendung der ungarischen MWSt ID durch ein deutsches Unternehmen kann dazu führen, dass  das Ungarischen Finanzamt NAV dem betroffenen Vertragspartner den Abzug bzw. die Rückerstattung der in Rechnung gestellten MWSt verweigert und eine Busse auferlegt.

Deshalb sollte in solchen Fällen die Korrektur der Rechnung durchgeführt werden wobei die fälschlicherweise bezahlte ungarische MWSt and den Leistungsempfänger zurückzuzahlen ist. Die MWSt-Erklärung sollte rückwirkend auf die fragliche Steuerperiode entsprechend angepasst werden.

Die Korrektur der Rechnungen und die Rückerstattung der überflüssig eingenommenen  Mehrwertsteuer erweist sich in der Praxis vor allem auf der Seite der ungarischen Vertragspartner oft  als problematisch, weil die Berichtigung der Rechnung und die Rückerstattung der MWSt an den deutschen Kunden mit einem oft komplexen administrativen Ablauf und der Anpassung der MWSt-Meldungen verbunden ist. Bei Zahlungsunfähigkeit oder Liquidation des ungarischen Vertragspartners wird die Rückerstattung praktisch unmöglich, auch wenn die Rechnung korrigiert werden kann.

Gerichtspraxis

Die ungarische Gerichtspraxis betreffend die mehrwertsteuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen folgt grundsätzlich der Praxis des EuGH. In einem Urteil des ungarischen Obersten Gerichtshofes, der Kuria, ging es um die ungerechtfertigte Verwendung der ungarischen MWSt-IdNr. durch ein  deutsches Unternehmen, das in Ungarn Fahrzeugbremsen verkaufte. Das Unternehmen lieferte die für die Bremsen notwendigen Bestandteile nach Ungarn und ließ die Bremsen dort durch lokale Subunternehmer fertigen. Anschließend wurden die Bremsen innerhalb Ungarns, unter der ungarischen MWSt ID des deutschen Unternehmens verkauft. Das deutsche Unternehmen verwendete die ungarische MWSt-IdNr. nicht nur für den Verkauf der Bremsen, sondern auch für die Inanspruchnahme der Lohnfertigungsleistungen der Subunternehmer.

Der Oberste Gerichtshof entschied, dass das Ungarische Finanzamt NAV die Rückerstattung der ungarischen MWSt an das deutsche Unternehmen im Zusammenhang mit den Lohnfertigungsleistungen zu Recht verweigerte. Nach dem Urteil hätten die ungarischen Subunternehmer ihre Rechnungen ohne ungarische Mehrwertsteuer ausstellen müssen, weil nach dem EU-Mehrwertsteuerrecht Deutschland als Leistungsort galt. Der Leistungsort Deutschland wurde dadurch begründet, dass das deutsche Unternehmen für die Fertigung der Bremsen über keine feste Niederlassung in Ungarn verfügte (Urteil Kfv.V.35.023/2019/4).

Die Gerichtspraxis bestätigt, dass es für die rechtmäßige MWSt-Behandlung einer grenzüberschreitenden Dienstleistung unbedingt notwendig ist, richtig zu beurteilen, ob eine feste Niederlassung eines Unternehmens in einem anderen Mitgliedstaat betroffen ist. Dies war Gegenstand mehrerer Urteile des EuGH, wie z. B. Urteile EuGH, C-605/12, Welmory, EuGH, 168/84, Berkholz; EuGH, C-260/95, DFDS; EuGH, C-190/95, ARO Lease BV; EuGH, C-73/06, Planzer Luxembourg.

Praxishinweis

Die korrekte mehrwertsteuerliche Beurteilung einer grenzüberschreitenden Dienstleistung kann durch die Verwendung des folgenden, auf typisch ungarische MWSt-Sachverhalte zugeschnittenen Prüfschema erleichtert werden:

  • Wer gilt als Erbringer bzw. Empfänger der Dienstleistung, das deutsche Unternehmen oder dessen feste Niederlassung in Ungarn?
  • Werden die Dienstleistungen zwischen Unternehmern erbracht, handelt es sich also um B2B Leistungen?
  • In welchem Land ist die Leistung umsatzsteuerlich „steuerbar“ (Leistungsort)?
  • Wer ist Steuerschuldner, der Erbringer oder der Empfänger der Dienstleistung?
  • Wie wird  die  MWSt abgerechnet, als direkte Steuerschuld oder im reverse-charge-Verfahren?
  • Welche Angaben sind in der Rechnung auszuweisen?

Durch die richtige Beantwortung der oben erwähnten Fragen kann die korrekte mehrwertsteuerliche Behandlung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen festgelegt werden.  

Mehrwertsteuer-Risikomanagement

Im Rahmen des MWSt-Risikomanagements ist auch bei Dienstleistungen die korrekte Abwicklung der Rechnungsstellung unbedingt vorsichtig vorab zu prüfen, sonst drohen im internationalen Vergleich hohe Bussen in Ungarn. In diesem Prozess sollte  insbesondere die Feststellung, ob eine feste Niederlassung vorliegt, mit besonderer Sorgfalt vorgenommen werden.

Bei Fragen zu diesen und anderen Themen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!
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